
— Die Wirtschaft steht still! 45 Prozent aller weltweiten Flüge sind gecancelt. Einreisebeschränkungen erschweren den Warentransport. Lange LKW-Staus an den Außengrenzen. Die Versorgungslage ist gefährdet. Nach den 500.000 in den ersten vier Wochen sind nach drei Monaten bereits mehr als 10 Millionen Menschen von dem neuartigen Coronavirus infiziert. Überforderte Regierungen versuchen mit sogenannten Shutdowns ganze Länder still zu legen, um die Ausbreitung zu verlangsamen. Überfüllte Krankenhäuser, fehlendes Personal und immer größeres Misstrauen gegenüber den Regierungen. In sozialen Medien verbreiten sich Fake News – in Zeiten der Unsicherheit eine gefährliche Sache. Weltweit befindet sich die Wirtschaft im freien Fall, die Börsen schließen, und schon jetzt ist sicher: Nach der Pandemie wird eine globale Finanzkrise folgen. In nur sechs Monaten hat sich der tödliche Virus auf der ganzen Welt verbreitet. – Den Berechnungen zufolge wird man innerhalb von 18 Monaten 65 Millionen Tote beklagen müssen. Das sind mehr als die Opferzahlen, die hundert Jahre zuvor von der Spanischen Grippe gefordert wurden.
Was sich hier liest wie eine dramatische Bestandsaufnahme der aktuellen Covid-19 Pandemie ist das Ergebnis einer Simulationsberechnung namens „Event 201“. Am 8. Oktober 2019 lud die Bill und Melinda Gates Stiftung, das Weltwirtschaftsforum und das Johns Hopkins Center for Health Security ein, der Computersimulation einer möglichen Coronavirus-Pandemie beizuwohnen. Vor Vertretern aus Wirtschaft, Medizin, Politik und Presse wurde ein Szenario berechnet, bei dem in Brasilien ein fiktives Coronavirus von einem Schwein auf den Menschen übertragen wurde und sich zu einer Pandemie ausbreitete. Ziel der Simulation war die Analyse, wie die Zusammenarbeit zwischen Behörden und Regierungen weltweit in solch einem Katastrophenfall funktionieren würden.
Das Ergebnis war erschreckend: Aus einer kleinen Epidemie wurde eine tödliche Pandemie mit 65 Millionen Toten. Umso erschreckender sind die Parallelen, die drei Monate später im Januar dieses Jahres im chinesischen Wuhan zu beobachten waren. Eine Coronavirus Infektion breitete sich rasend schnell aus. Die Netzaktivisten der Anonymous-Bewegung berichteten erstmals am 28.1.2020 in einem Video über Vertuschungen der Chinesischen Regierung, was Umfang und Gefahr des Ausbruchs anging. Im selben Video berichteten sie auch von der Pandemiesimulation „Event 201“ und machten dadurch erstmals die Presse darauf aufmerksam. Das Johns Hopkins Center stellte daraufhin klar, dass „Event 201“ nicht die Voraussage einer drohenden Pandemie war, sondern lediglich ein Übungsszenario.
Nun ist es aber Realität: Die Welt steht einem unsichtbaren Feind gegenüber, und Regierungen weltweit versuchen, die Katastrophe zu begrenzen. Gesetze werden außer Kraft gesetzt, und das öffentliche Leben steht still. Die Fragen sind daher: Warum haben wir als globale Gemeinschaft nicht aus der Pandemie-Simulation lernen können? Warum haben wir keine Schlüsse daraus gezogen, um rechtzeitig und angemessen reagieren zu können?
Im April 2015 hielt Bill Gates eine Rede auf der Innovations Conference „TED“ über die mögliche Gefahr einer weltumfassenden Pandemie. „Wir müssen jetzt loslegen, die Zeit arbeitet gegen uns“, sagte er dort. Die Menschheit müsse sich jetzt wappnen für die nächste Pandemie, die unweigerlich kommen wird. Er bezog sich in seiner Rede auf die überstandene Ebola-Epidemie von 2014 in Westafrika, die „nur“ 10.000 Tote forderte. Es war pures Glück, dass sich das Zentrum der Ebola Ausbreitung in einem dünn besiedelten Gebiet befand, dadurch blieb es bei einer lokalen Epidemie. Anderenfalls hätte die Katastrophe unüberschaubar werden können, denn es fehlte überall an den medizinischen Strukturen, um Personal, Medikamente und Hilfeleistungen schnell und sinnvoll an die Krisenorte bringen zu können. Bill Gates forderte, dass sich die Weltgemeinschaft in Zukunft wie für einen Krieg rüsten und mit Hilfe von Simulationsberechnungen den Ernstfall vorausplanen solle. Diese erste große Berechnung fand statt im Oktober letzten Jahres im Johns Hopkins Center. Ihr Thema war der pandemische Ausbruch des Coronavirus.
Es war weder eine geheime Veranstaltung noch eine verschwörerische Zusammenkunft. Die Informationen über den Ablauf und die Ergebnisse wurden zu keinem Zeitpunkt unter Verschluss gehalten. Dennoch gab es weder Wissenschaftler noch Journalisten, die im Januar während des rasanten Seuchenverlaufs in Wuhan auf die Parallele zur Pandemie-Simulation in den Rechnern des Johns Hopkins Centers hingewiesen haben. Es gab niemanden, der auf die wichtigen und aussagekräftigen Ergebnisse hingewiesen hat, um die Frage zu stellen, ob die Weltgemeinschaft in den frühen Tagen der Pandemie daraus lernen kann. Ob sie auf der Basis dieses Wissens wichtige Vorkehrungen treffen muss. Ob sich auf der Basis der Erkenntnisse die Katastrophe begrenzen lässt. Warum haben die beteiligten Politiker, Forscher, oder die Leute der Gates-Stiftung nicht aufgeschrien, dass sie genau diesen Fall durchsimuliert haben?
Der erste Hinweis auf diese Parallele gab es durch das Video von Anonymous, wo ein stimmverzerrter Aktivist mit der typischen Guy Fawkes Maske die Welt darauf aufmerksam machte. Warum gab es noch nicht mal da einen Aufruf, sich den Verlauf von „Event 201“ genau anzuschauen. Es wäre auffällig gewesen, wie viele Ähnlichkeiten Simulation und Wirklichkeit hatten. Aus der Sicht eines Historikers der Zukunft wird dieses Versäumnis nur schwer nachzuvollziehen sein.
Sind wir als Menschheit noch nicht bereit, die Ergebnisse der „komplexen Denkstrukturen“ von Simulationsmaschinen in unser Handeln einfließen zu lassen? Sind wir noch nicht bereit, deren Berechnungen als Warnung zu verstehen und die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen? Oder müssen die natürlichen Komplexitätsgrenzen unseres menschlichen oder gesellschaftlichen Denkvermögens immer dazu führen, dass wir „die Ratschläge der Maschinen“ ignorieren? Weil die KI inzwischen das berechnen und „denken“ kann, was unser eigenes Vorstellungsvermögen sprengt? Sogenannte Supercomputer helfen bereits jetzt bei der Berechnung komplexer Systeme. Sie sagen Seuchen, Flüchtlingsströme, Naturkatastrophen oder das Entstehen von Terrorzellen voraus. Was wäre, wenn diese Berechnungen bald schon überlebensnotwendig für das Fortbestehen der Menschheit sein würden? Werden wir daran scheitern?
In der Romantrilogie „Earth“, die dieser Website zugrunde liegt, haben die Mächtigen dieser Welt eine geheime Simulationsberechnung in einem Supercomputer gestartet, um die besten Voraussetzungen für das Überleben der Menschheit in Frieden und Wohlstand zu errechnen. Doch auch hier gelingt es den Menschen nicht, die Komplexität der Maschine sinnvoll für ihr eigenes Handeln zu nutzen. Die Dinge entgleiten.
Vielleicht gibt es einen grundlegenden Gap zwischen dem, wozu wir Menschen fähig sind, und dem, was Simulationsberechnungen und „denkende“ Maschinen inzwischen möglich machen. Vielleicht haben wir es deshalb nicht geschafft, diese Tools richtig zu nutzen.
An der Nutzung der Simulation „Event 201“ zur Vorbereitung auf das Katastrophenszenario, das uns gerade beherrscht, sind wir vorerst gescheitert. Es bleibt zu hoffen, dass die Menschheit für die Zukunft daraus lernt. — #JAber
http://www.centerforhealthsecurity.org/event201/
https://www.vol.at/anonymous-coronavirus-ist-noch-viel-schlimmer/6501671